München, Magdeburg, Mannheim – ein Muster wiederholt sich

LONGREAD ZUM STATEMENT VOM 11.03.2025

 

Heute, am Nationalen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt erinnern wir an all die, die durch menschenverachtende Gewalt und Terror ihr Leben verloren haben. Wir sind an der Seite der Familien und Freund*innen der Opfer, die mit dem Verlust und dem Grauen solcher Taten leben müssen. Wir sind diese Familien.

Wir erinnern aber auch daran, wie schwer es Ermittlungsbehörden und Politik fällt, rechtsterroristische Taten als solche anzuerkennen.

Wir erinnern daran, dass deswegen viele Opfer rechter Gewalt nicht anerkannt sind und damit das zerstörerische Ausmaß rechten Terrors verharmlost wird.

Wir erinnern daran, wie hart Angehörige der Familien der Opfer des Anschlags am OEZ in München am 22.7.2016 dafür kämpfen mussten, bis der politische Hintergrund der Tat anerkannt wurde. Es dauerte mehr als drei Jahre, entsprechende Konsequenzen blieben bisher aus.

Und das ist kein Einzelfall!

Wir sehen es wieder jetzt in Magdeburg und Mannheim.

 

Magdeburg

Am 20.12.2024 raste ein Auto in den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Sechs Menschen wurden getötet, 300 Menschen zum Teil schwer verletzt. Die Motivlage des Täters ist nicht eindeutig,

allerdings wird der antimuslimische Rassismus des Täters und seine positive Bezugnahme auf rechte Akteur*innen mittlerweile gar nicht mehr erwähnt.

Der Täter war selbst muslimisch sozialisiert und er hasste Muslime. Er traute der AfD am ehesten zu den Kampf gegen Muslime in Deutschland zu führen und zu gewinnen.

Antimuslimischer Rassismus war also treibend für seine Tat.

Der Täter war in den sozialen Netzwerken als aggressiver Islamkritiker und AfD-Sympathisant aufgefallen.

Er warnte auf der Plattform X vor einer angeblichen Islamisierung Deutschlands und machte dafür deutsche Politik und Behörden verantwortlich.

Er hatte Kontakt zu rechten Journalist*innen und bewarb sich um eine Mitgliedschaft bei der Jungen Alternativen, der Jugendorganisation der AfD, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft worden war.

Die Polizei sprach kurz nach der Tat von einem „völlig untypischen Motiv“. Nur, weil der Täter selbst Migrationsgeschichte hat, wurde ihm Rassismus und rechtes Gedankengut nicht zugeordnet. Als hätte es den Anschlag am Olympia-Einkaufszentrum nicht gegeben.

Aktuell wird die Tat in Magdeburg durch einen Untersuchungsausschuss bearbeitet. Nach unseren Informationen spielt ein mögliches rechtes und rassistischen Motiv des Täters dabei keine Rolle. Wir fragen: Warum sonst wählte er den 20.12. als Anschlagszeitunkt? Warum wählte er genau diese Form der Tat? Wollte er nicht den Bezug zum Anschlag am Breitscheid-Platz herstellen und den antimuslimisch-rassistischen Diskurs in Deutschland weiter anheizen? – Denn genau das ist passiert.

Und auch in Mannheim…

Dort raste am 4.3.2025 ein Auto in eine Menschenmenge. Zwei Menschen sterben und elf werden teilweise schwer verletzt. Polizei und Behörden gehen nicht von einem terroristischen Anschlag aus. Vielmehr ist von psychischen Problemen die Rede, von Suizid. Eine antifaschistische Recherche von Exif zeigt frühere Verbindungen des Täters in die rechte Szene, in der er aktiv mitwirkte. Doch diese Informationen werten die Ermittlungsbehörden als vergangen. Und die Tat wird nicht als rechter Anschlag benannt.

Auch in München wurde der psychischen Verfassung des Täters mehr Gewicht gegeben als seiner politischen Orientierung. Wissenschaftliche Gutachten kamen zu dem Schluss: Bei einer solchen Tat spielen zwar auch psychische Faktoren eine Rolle. Das darf die politische Motivation aber nicht relativieren. Diese Erkenntnis muss ernst genommen werden.

München OEZ, Magdeburg, Mannheim – ein Muster wiederholt sich.
Und das sind nur drei Beispiele.

Die Entpolitisierungen von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sind extrem gefährlich. Rechte nutzen diese Anschläge für ihre Mobilisierung. Moralische Verurteilung reicht nicht. Vielmehr muss ernst genommen werden, dass rechtes, rassistisches und antisemitisches Gedankengut solche Anschläge hervorbringt.  Rechter Terror muss ernst genommen werden und als solcher benannt werden, um weitere Opfer zu verhindern. Eine politische Gewalttat braucht politische Konsequenzen.

Das Ziel unserer Kämpfe, der Initiative München OEZ Erinnern und der gesamten bundesweiten Vernetzung ist genau das:
Erinnerung, Aufklärung, Gerechtigkeit und Konsequenzen.

Warum verharmlosen und ignorieren Ermittlungsbehörden und Politik rechten Terror immer und immer wieder? Warum hören sie Angehörigen und Überlebenden nicht zu? Warum verschließen sie sich ihrer Kritik? Warum wollen sie nichts ändern an ihren Institutionen?

In den aktuellen politischen Debatten werden diese Fragen mit Hass und Hetze beantwortet. Wie soll uns das weiterbringen? Wir brauchen Politik die Menschenfeindlichkeit verhindert!

Wir brauchen solidarische Erinnerungspraxen, umfassende Aufklärung der Taten, Gerechtigkeit durch Anerkennung und zwingend Konsequenzen: jetzt!